In meiner Rezension zur ersten Staffel dieses Animes bin ich bereits ausführlich auf die alle Staffeln umspannende Haupthandlung eingegangen, weshalb ich mich hier etwas kürzer halten möchte. Eine kleine Auffrischung schadet aber nicht, daher: Autorennen.
Kaum zu glauben, dass zwischen den ersten beiden Staffeln nur ein Jahr liegen soll. Während die 1998 ausgestrahlte erste Staffel wie eine 80er-Jahre Obskurität aussieht, erstrahlt die 1999 ausgestrahlte zweite Staffel in aufgemotztem End-90er-Jahre-Licht. Für meinen Geschmack etwas zu viel Licht. Die CGI-Karren hat der Computer hier vielleicht etwas detailreicher, leider aber auch wesentlich
glatter ausgespuckt, weshalb die Autos noch viel eher nach einem Produkt aus einem 64-Bit-Videospiel aussehen. Hinzu kommt, dass man auch die Hintergründe durch billiges CGI verunstaltet hat, wodurch z. B. so einfache Konstruktionen wie
Bäume nur unwesentlich besser aussehen wie die Dinger, die bei meinem alten
2000er Skispringen-PC-Game ebenfalls Bäume darstellen sollen. Vor allem bei etwas hellerem Kontrast wird die
ganze Scheußlichkeit des zu Sehenden offenbart. In der Nacht sind alle Katzen schwarz, doch erst, wenn’s hell ist, erkennt man die Katzen etwas besser. Wenn’s hell ist, macht dieser Anime eine deutlich bessere Figur – wenn auch
nicht immer.
Beim Charakterdesign hat man den sprichwörtlichen Quantensprung gemacht. Weg sind die Fischglubschaugen, die Dauer-Kussmünder und die Bleistifthälse. Weg ist aber auch ein Teil von dem, das den Anime ausgemacht hat: das Charakteristische und der Wiedererkennungswert. Die Figuren sind nun kantiger und etwas hölzern, wirken auf subjektive Weise viel unsympathischer und sehen wie aus einem Hentai entsprungen aus.
Itsuki lag zwischen Staffel 1 und 2 wohl zu lange im Solarium, weshalb er nun aussieht wie ein
schmieriger Schwerenöter, dem man seine Tochter nicht anvertrauen möchte. Die Figuren aus der ersten Staffel hatten noch einen Charme wilder Hingerotzheit, der nun leider hinfort ist.
Was die Atmosphäre anbelangt, ist die erste Staffel wie ein Energydrink in Form eines Animes. Man bekommt tatsächlich das Gefühl, als verleihe sie einem Flügel. Die erste Staffel ist die Geschichte über die Legende des Unbesiegbaren »White Ghost of Akina«. Sie gibt einem Mut und lässt einen daran glauben, das Unmögliche möglich machen zu können. Und nachdem man das geschafft hat, feiert man in der Disco zu fettem J-Euro-Beat. Die zweite Staffel gibt sich etwas erwachsener, mit einer Stimmung, die beinahe zu bedrückt ist für einen typischen Ganbatte – und das gleich aus mehreren Gründen. Es hilft leider nichts … Um näher darauf eingehen zu können, muss zuerst eine Spoilerwarnung ausgesprochen werden. Interessierte Leser mögen bitte im unteren Abschnitt weiterlesen. Von den vorsichtigen Lesern möchte ich mich hier verabschieden und wünsche noch einen schönen Tag.
Zuerst zum Zwischenmenschlichen. Der
Lonely Driver bekommt ein weiteres Mal die Gelegenheit, seinem Single-Dasein zu entkommen. In der ersten Staffel ist Itsuki dabei noch grandios gescheitert. Obwohl dieser neue Versuch, endlich mal ein Mädchen abzuschleppen
(Auto-Wortspiel), zunächst wie ein aufgewärmter Handlungsstrang aus der ersten Staffel wirkt, ist auch hier die Atmosphäre deutlich ernster. Man hat ja nicht wirklich damit gerechnet, dass aus Itsuki und der quirligen
Saori, der es an Ausstrahlung, Persönlichkeit und Handlungsbezug fehlt, wirklich etwas wird. Sowohl für die beiden Teenager als auch für den Zuseher ist Episode 13 – »Itsukis erstes Date« – eine heitere, kleine Angelegenheit, die zusätzlich den Kopf frei von den ganzen Autorennen macht. Bei
Kazumi jedoch hat man das Gefühl, dass aus ihr und dem braun gebrannten Tölpel doch tatsächlich etwas werden könnte. Der Bezug zu den Autorennen – ihr Bruder
Wataru ist ein
Hashiriya – ist vorhanden, weshalb auch Kazumi eine deutlich höhere Relevanz hat als einfach nur ihr Dasein als »Itsukis eventuelle Freundin«. Kazumi selbst hat jedoch wenig mit Autorennen zu tun. Sie wirkt etwas verloren, was den Szenen mit ihr einen Hauch von Coming-of-Age verleiht.
Die Beziehung zwischen
Takumi und
Natsuki macht ebenfalls ein paar Schritte – vorwärts, rückwärts und in alle anderen Richtungen. Was man in der ersten Staffel vielleicht erahnen hat können, wird hier zur traurigen Realität: Der Mann, mit dem sie immer im Auto mitfährt und den sie »
Papa« nennt, ist nicht ihr leiblicher Vater. Sie betreibt etwas, das sich
Enjokousai nennt
. Spätestens dann, wenn dem Zuseher ihr kleines Geheimnis enthüllt wird, erkennt man, dass sich das Drama in dieser Staffel nicht nur auf die Autorennen beschränkt. Natsuki sieht man dann nur noch selten mit Takumi, da sie versucht, ihre Probleme selbst in den Griff zu bekommen. Das hinterlässt ein zwiespältiges Gefühl beim Zuseher, da sie einerseits den Mut hat, etwas zu ändern, andererseits jedoch ganz allein auf weiter Flur dasteht und die emotionale Verbindung zu Takumi ins Wanken zu geraten scheint.
»Zerstörung« ist vielleicht der Begriff, mit dem sich diese Staffel am besten mit nur einem Wort beschreiben lässt. Der Mythos des unbesiegbaren Takumi muss irgendwann zerstört werden, wenn man diese und alle weiteren Staffeln interessant halten möchte. Takumi verliert. Es ist ja abzusehen, wenn man am Anfang jeder Episode die Titel liest: »Angst zu verlieren« oder »Countdown zur Zerstörung« beispielsweise. Ein Titel wie »Eine regelwidrige Superwaffe« verheißt nichts Gutes, und »Enttäuschender Sieg« passt zur deprimierenden Stimmung besonders in der ersten Hälfte dieser Staffel. Takumi lässt man jedoch nicht deshalb verlieren, weil er schlecht fährt. Nein, er ist immer noch ein Naturtalent und ein wahres Genie, was das Autofahren betrifft. An dieser Tatsache wollte man nicht rütteln. Vielmehr hat man einen Grund für seine Niederlage gesucht, der nichts mit Takumi an sich zu tun hat: den AE86.
Ein schlechter Anime schafft es selbst dann nicht, beim Zuseher eine Gefühlsregung auszulösen, wenn eine Figur stirbt. Ein guter Anime schafft es, den Zuseher sogar dann zum Weinen zu bringen, wenn ein Gegenstand »stirbt«. Bestes Beispiel ist »
One Piece«, als
Ähnlich verhält es sich mit dem AE86. Das Rennen gegen
Kyouichi hat Takumi aufgrund eines Motorschadens verloren. Doch selbst wenn der Motor durchgehalten hätte, wäre Takumi am Ende als Verlierer dagestanden. Die Zeichen standen einfach zu sehr auf Niederlage. (»Ich werde erst einen neuen Motor in das Auto einbauen, wenn Takumi verliert!« – So oder so ähnlich sagte es sein
Vater.) Eine Niederlage war auch bitter nötig, damit Takumi sich weiterentwickeln konnte. Nachdem sein Vater den neuen Motor eingebaut hatte und der AE86 somit »wiederbelebt« worden war, musste Takumi lernen, damit umzugehen. Dazu war mehr nötig, als einfach nur mehr oder weniger Gas zu geben oder das Lenkrad anders handzuhaben. Glücklicherweise hat Takumi Mechaniker in seinem Freundeskreis (Natürlich hat er das. In Ganbatte sind alle Freunde und Bekannten des Protagonisten in der gezeigten Sportart involviert …) Am Ende erkannte Takumi, dass er
keinen Tau von ein paar grundlegenden Dingen hat. Talent und jede Menge Tofu-Auslieferungen haben ihn ungeschlagen durch die erste Staffel gebracht. In der zweiten Staffel kam der Fall. Nach nun 39 Episoden dieses Franchise ist es endlich so weit, dass Takumi aktiv und bewusst sein Wissen vergrößern und seine Fähigkeiten verbessern möchte. Erst jetzt beginnt die wahre Legende.
Diese zweite Staffel zeigt, dass in diesem Anime mehr als nur Ganbatte steckt. So cool die erste Staffel auch war, der Schritt hin zu mehr Story- und Charaktertiefe, einer düsteren und oft deprimierenden Grundstimmung sowie menschlichem statt sportlichem Drama war für diese Staffel vielleicht genauso wichtig wie
Neil Armstrongs erster Schritt auf den Mond für die Raumfahrt.
Kommentare
Sehr cool fand ich aber die Eyecatcher in dieser Staffel. Ist zwar nur ein kleines Detail, aber sie haben sich schön angehört und besonders der mit den wegfahrenden Rücklichtern / heranfahrenden Frontlichtern sah super smooth aus. Manchmal sind's eben die kleinen Sachen.
Besser animiert als Staffel 1 aber leider hat der Soundtrack dies ma nicht so gerockt wie in der vorherigen Staffel.
Trotzdem ist die Serie mein Geheimtip für alle Rennaction begeisterten Leute