AsaneRedakteur
#1Ja, ich geb's zu: am Anfang überwogen Zweifel und Skepsis. Oldschool? Zeitsprünge? Isekai samt culture clash? Aber es ist immerhin Rumiko Takahashi, also gib dem Ding eine Chance, schließlich erwartet dich da das Takahashi-typische nette Prä-moe der Charaktere.
Und wirklich, nach einer Dreiviertelstunde war mein Leben um eine Überraschung reicher.
Anfangs hatte ich ja einige Bedenken, wie hier die knapp 50 Minuten Laufzeit vollgemacht werden sollen, aber die haben sich recht schnell erledigt. Die Geschichte wird wider Erwarten nicht nur sehr geradlinig und nachvollziehbar erzählt, sie bietet auch genügend Raum für Kontemplation und Innehalten. Das kommt den Charakteren bzw. deren Entwicklung sehr zugute und damit der Geschichte an sich, die dadurch enorm an (literarischer) Glaubwürdigkeit und letztlich auch an Sympathie gewinnt. Was ja auch eine der größten Stärken der Takahashi-Geschichten ist. Was mich allerdings am meisten überrascht hat, war das allgemeine Niveau der Animation. Das war weit mehr, als man für einen Anime der 80er Jahre hätte erwarten können; besonders die Bewegungsanimationen, sei's bei Personen, sei's bei Wagen und anderen Geräten, waren ausgesprochen realistisch und hatten immer das richtige Tempo. Fast immer. Denn nur das Steinewerfen war etwas unrund geraten. Egal, vernachlässigbar.
Als "vernachlässigbar" habe ich dann auch die Sache mit den Zeitsprüngen (sowie deren Auslöser) eingeordnet. Der Twist der verschiedenen Zeit- und Identitätssprünge kann man genauso gut begreifen als ein nettes Gedankenspiel – das man auch eingehen sollte, denn wenn man die hier aufgeworfene Problematik beim Wort nimmt, kommt man bestenfalls in Teufels Küche, weil schon bei der zweiten Ecke, um die man denken muss, die Logik versagt. (Man muss nur eine Art Fallunterscheidung aufmachen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß man recht schnell in einer Logikschleife gefangen ist, die dem Phänomen des Großvaterparadoxons gefährlich nahe kommt).
Macht aber nix, wenn man das ganze auf höherer Ebene mehr als Chiffre versteht. Für die psychische Bewältigung von Extremsituationen zum Beispiel. Wie zu erwarten war, sind auch hier die tragenden Charaktere sehr plastisch formuliert (was ihr Wesen betrifft), aber nie eindimensional. Darin heben sie sich spürbar von ihrer Umgebung ab, auch von den Antagonisten, was erzählerisch für geradlinige Strukturen und hohes Empathiepotential sorgt. Daher fokussiert die Story hauptsächlich um das Pärchen Suzuko und Shukumaru, sowie natürlich dessen kleiner Schwester Suzu.
Wie ein kurzes Querlesen anderer Meinungen bestätigt, erinnert diese Konstellation wohl nicht zufällig auch etwas an Inuyasha, in diesem Fall nicht direkt an das dortige Protagonistenpärchen, sondern mehr an die Konstellation Kagome - Kouga. Und Suzu hat natürlich auch den ganz bezaubernden Charme von Rin. So ungefähr könnte das gelaufen sein, wenn Kagome nicht bei Inuyasha gelandet wäre, sondern sie sich Kouga geschnappt hätte.
Das heißt jetzt nicht, daß hier eine kleine, harmlose Geschichte im Friede-Freude-Eierkuchen-Stil ausgerollt würde. Eher im Gegenteil. Denn auch das kennt man von Takahashi: da geht's dann dramaturgisch durchaus in die Vollen, emotional und in aller gebotenen Drastik.
Hier allerdings hat man nie den Eindruck, das alles sei irgendwie Selbstzweck oder solle nur die niederen Instinkte des Publikums bedienen. Mehr wie zufällig fängt die virtuelle Kamera das brutale Geschehen ein, und auch bei extremer Gewalt (immerhin spielt der Film während des allgemeinen Gemetzels der Sengoku-Zeit) hält sie gnadenlos drauf, wenn die Dorfbevölkerung nach allen Regeln der (Kriegs-)Kunst abgeschlachtet wird – übrigens ohne daß dabei so maßlos übertrieben würde, wie man das andernorts kennt. Das führt insgesamt dazu, daß es den Schrecken der Ereignisse um einiges steigert – und man quasi nebenbei und mehr zufällig auch ein paar hübsche Nacktheiten zu sehen bekommt, ganz ohne jeden Voyeurismus, ohne einen Hauch von Absicht oder gar Fanservice.
Und auf der anderen Seite dann wieder der typische Takahashi-Humor (teilweise grenzwertig albern, ohne aber einem ernsthaft auf den Geist zu gehen), der übrigens nie zu out-of-character-Situationen führt, was ja auch nicht unbedingt selbstverständlich ist.
All das trägt dazu bei, das Setting wie auch die Charaktere ernst nehmen und den Hauptstrang der Erzählung gut verfolgen zu können, da man sich nicht in Nebensächlichkeiten verliert und schon gar keinen Otaku-Service welcher Art auch immer betreibt. Trotzdem bleibt immer auch genug Raum, um der Protagonistin Suzuko Zeit zur Entwicklung und Entfaltung zu geben.
Was das Erzählerische angeht, wird es einem aber auch nicht zu leicht gemacht. Die wesentlichen Eckpfeiler für das Verständnis (wer ist wer, und wer macht was und warum) werden erst im Verlauf der ersten Hälfte nach und nach gesetzt, ohne aber dem Zuschauer etwas vorzuenthalten oder ihn im Unklaren zu lassen – so funktioniert intelligentes Storytelling!
Lediglich die BGM trübt das Erscheinungbild des ganzen etwas; sie setzt zwar erstaunlicherweise nicht auf altjapanisches Instrumentarium, wie man es bei diesem Setting hätte erwarten können, sondern auf zeitgenössische poppige Klänge, die – zumindest für meine Ohren – doch ziemlich synthetisch und daher eher nervig ausfallen. Alles in allem eher Emotionstöter statt -unterstützer. Aber auch das läuft mehr unter "vernachlässigbar".
Allmählich wird's Zeit für ein Fazit:
Wer generell die Sachen von Takahashi mag und das hier noch nicht auf der Watchlist hat, dürfte von dieser 50-minütigen OVA sehr angetan sein. Deep geht zwar anders, aber nette Unterhaltung ist dies allemal.
Und wirklich, nach einer Dreiviertelstunde war mein Leben um eine Überraschung reicher.
Anfangs hatte ich ja einige Bedenken, wie hier die knapp 50 Minuten Laufzeit vollgemacht werden sollen, aber die haben sich recht schnell erledigt. Die Geschichte wird wider Erwarten nicht nur sehr geradlinig und nachvollziehbar erzählt, sie bietet auch genügend Raum für Kontemplation und Innehalten. Das kommt den Charakteren bzw. deren Entwicklung sehr zugute und damit der Geschichte an sich, die dadurch enorm an (literarischer) Glaubwürdigkeit und letztlich auch an Sympathie gewinnt. Was ja auch eine der größten Stärken der Takahashi-Geschichten ist. Was mich allerdings am meisten überrascht hat, war das allgemeine Niveau der Animation. Das war weit mehr, als man für einen Anime der 80er Jahre hätte erwarten können; besonders die Bewegungsanimationen, sei's bei Personen, sei's bei Wagen und anderen Geräten, waren ausgesprochen realistisch und hatten immer das richtige Tempo. Fast immer. Denn nur das Steinewerfen war etwas unrund geraten. Egal, vernachlässigbar.
Als "vernachlässigbar" habe ich dann auch die Sache mit den Zeitsprüngen (sowie deren Auslöser) eingeordnet. Der Twist der verschiedenen Zeit- und Identitätssprünge kann man genauso gut begreifen als ein nettes Gedankenspiel – das man auch eingehen sollte, denn wenn man die hier aufgeworfene Problematik beim Wort nimmt, kommt man bestenfalls in Teufels Küche, weil schon bei der zweiten Ecke, um die man denken muss, die Logik versagt. (Man muss nur eine Art Fallunterscheidung aufmachen, um zu der Erkenntnis zu gelangen, daß man recht schnell in einer Logikschleife gefangen ist, die dem Phänomen des Großvaterparadoxons gefährlich nahe kommt).
Macht aber nix, wenn man das ganze auf höherer Ebene mehr als Chiffre versteht. Für die psychische Bewältigung von Extremsituationen zum Beispiel. Wie zu erwarten war, sind auch hier die tragenden Charaktere sehr plastisch formuliert (was ihr Wesen betrifft), aber nie eindimensional. Darin heben sie sich spürbar von ihrer Umgebung ab, auch von den Antagonisten, was erzählerisch für geradlinige Strukturen und hohes Empathiepotential sorgt. Daher fokussiert die Story hauptsächlich um das Pärchen Suzuko und Shukumaru, sowie natürlich dessen kleiner Schwester Suzu.
Wie ein kurzes Querlesen anderer Meinungen bestätigt, erinnert diese Konstellation wohl nicht zufällig auch etwas an Inuyasha, in diesem Fall nicht direkt an das dortige Protagonistenpärchen, sondern mehr an die Konstellation Kagome - Kouga. Und Suzu hat natürlich auch den ganz bezaubernden Charme von Rin. So ungefähr könnte das gelaufen sein, wenn Kagome nicht bei Inuyasha gelandet wäre, sondern sie sich Kouga geschnappt hätte.
Das heißt jetzt nicht, daß hier eine kleine, harmlose Geschichte im Friede-Freude-Eierkuchen-Stil ausgerollt würde. Eher im Gegenteil. Denn auch das kennt man von Takahashi: da geht's dann dramaturgisch durchaus in die Vollen, emotional und in aller gebotenen Drastik.
Hier allerdings hat man nie den Eindruck, das alles sei irgendwie Selbstzweck oder solle nur die niederen Instinkte des Publikums bedienen. Mehr wie zufällig fängt die virtuelle Kamera das brutale Geschehen ein, und auch bei extremer Gewalt (immerhin spielt der Film während des allgemeinen Gemetzels der Sengoku-Zeit) hält sie gnadenlos drauf, wenn die Dorfbevölkerung nach allen Regeln der (Kriegs-)Kunst abgeschlachtet wird – übrigens ohne daß dabei so maßlos übertrieben würde, wie man das andernorts kennt. Das führt insgesamt dazu, daß es den Schrecken der Ereignisse um einiges steigert – und man quasi nebenbei und mehr zufällig auch ein paar hübsche Nacktheiten zu sehen bekommt, ganz ohne jeden Voyeurismus, ohne einen Hauch von Absicht oder gar Fanservice.
Und auf der anderen Seite dann wieder der typische Takahashi-Humor (teilweise grenzwertig albern, ohne aber einem ernsthaft auf den Geist zu gehen), der übrigens nie zu out-of-character-Situationen führt, was ja auch nicht unbedingt selbstverständlich ist.
All das trägt dazu bei, das Setting wie auch die Charaktere ernst nehmen und den Hauptstrang der Erzählung gut verfolgen zu können, da man sich nicht in Nebensächlichkeiten verliert und schon gar keinen Otaku-Service welcher Art auch immer betreibt. Trotzdem bleibt immer auch genug Raum, um der Protagonistin Suzuko Zeit zur Entwicklung und Entfaltung zu geben.
Was das Erzählerische angeht, wird es einem aber auch nicht zu leicht gemacht. Die wesentlichen Eckpfeiler für das Verständnis (wer ist wer, und wer macht was und warum) werden erst im Verlauf der ersten Hälfte nach und nach gesetzt, ohne aber dem Zuschauer etwas vorzuenthalten oder ihn im Unklaren zu lassen – so funktioniert intelligentes Storytelling!
Lediglich die BGM trübt das Erscheinungbild des ganzen etwas; sie setzt zwar erstaunlicherweise nicht auf altjapanisches Instrumentarium, wie man es bei diesem Setting hätte erwarten können, sondern auf zeitgenössische poppige Klänge, die – zumindest für meine Ohren – doch ziemlich synthetisch und daher eher nervig ausfallen. Alles in allem eher Emotionstöter statt -unterstützer. Aber auch das läuft mehr unter "vernachlässigbar".
Allmählich wird's Zeit für ein Fazit:
Wer generell die Sachen von Takahashi mag und das hier noch nicht auf der Watchlist hat, dürfte von dieser 50-minütigen OVA sehr angetan sein. Deep geht zwar anders, aber nette Unterhaltung ist dies allemal.
Beitrag wurde zuletzt am 09.04.2021 00:40 geändert.
Kommentare
Es geht um die kleine Suzuko, die in der Sengoku-Zeit lebt. Bei einem Angriff auf ihr Dorf entwickelt sie aus der Not heraus die Fähigkeit durch die Zeit zu reisen und landet im Japan der 70er Jahre. Zu jung sich dran zu erinnern wo sie eigentlich her kommt verbringt sie fast ihre gesammte Jugend dort. Doch im Alter von 17 explodiert ein Gasleck und sie wird nichtsahnend in ihre eigentliche Zeit zurück geworfen.
So beginnt ein kleines Verwirrspiel mit der Zeit das eigentlich gut gemacht ist.
Das Charakterdesign ist typisch Takahashi und wer schon mal eine Folge "Ranma 1/2" gesehen hat weiß was ich meine. Es ist allerdings ein sehr frühes Werk, etwa zu der Zeit als die "Mermaid Saga" endstand, und das merkt man dem Anime auch an. Wer aber um diese Animationsschwächen hinwegsehen kann wird in knapp 50 Minuten gut unterhalten, auf eine Art die in heutigen Animes fast nicht mehr zu finden ist.
Fazit: Nostalgiker und Retro-Fans können gerne reinschauen, für jüngeres Publikum sicher nicht mehr so der Hit.