SlaughtertripV.I.P.
#1Wer meine Episodenkommentare zu »Shiroi Suna no Aquatope« gelesen hat, dem wird vermutlich nicht entgangen sein, dass ich Pinguine liebe, und derjenige weiß dann zu ungefähr 50 %, was mein Wesen ausmacht. Gratulation.
Jetzt geht es mit einem etwas ernsteren Ton weiter, denn – so glaubt man angesichts des Covers kaum – ist »Pengiun‘s Memory« ein Antikriegsfilm und vermittelt auch die Atmosphäre eines solchen: melancholisch bis deprimierend. Dass dieser Film so wenig Zuspruch findet, liegt vermutlich am lustigen Cover, das so aussieht, als hätte man die Figuren aus »South Park« ver-pinguinisiert. Was für eine Schande, dass dieser Film sich damit wohl selbst das Genick gebrochen hat. Bei den Tags* hat sich vermutlich jemand einen Spaß erlaubt, denn es gibt hier weder Dämonen noch Vampire. Alles in allem keine guten Grundvoraussetzungen, damit ein User, der zufällig auf diesen Film stößt, ihm auch tatsächlich eine Chance gibt.
*Fixed
Als der Film startete, dachte ich, buchstäblich im falschen Film zu sein: das donnernde Rattern von Helikoptern, ein dunkel-dreckiges Artwork und eine Atmosphäre, die ganz und gar nicht aussah nach jenem lustigen Pinguin-Film, den ich erwartet hatte. Das hat sich zwar schon beim ersten Pinguin-Auftritt als Trugschluss erwiesen, doch dann dachte ich, eine mit einer Billigkamera – Handy gab’s zu dieser Zeit noch keine – aufgenommene Version erwischt zu haben. Abwechselnd an allen Ecken und (Bildschirm)enden wird der Film von einem schwarzen oder weißen – öfters von einem schwarzen – und gar nicht so kleinen Schleier überzogen. Der Fokus des Betrachters liegt dadurch umso mehr auf der Mitte des Bildschirms; zudem verstärkt dieser Effekt, der aussieht, als sei dieser Film einem Zustand fortschreitenden Verfalls ausgesetzt worden, das Bild eines Films, der genauso unpoliert ist wie das Leben eines Soldaten, der sich im Dreck suhlt. Krieg und die negativen Auswirkungen davon sind harte Realität. Ein Hochglanzprodukt für die Massen zu erschaffen, war vermutlich auch nicht das Ziel des Produktionsteams.
Der Protagonisten-Pinguin ist Mike Davis. Die Kriegsszenen gibt es nur zu Beginn und sind relativ kurz, dafür umso eindringlicher. Als Mike nach Hause kommt, wird er wie ein Kriegsheld gefeiert. Er selbst meint jedoch, es sei »nichts Außergewöhnliches« passiert. Seine Familie ist aufdringlich und mehrere entfernt lebende Verwandte sind extra hergereist, um seinen glorreichen Geschichten zu horchen. Selbst sein guter Freund Paul verkennt die Situation komplett. Mike hat sich schon so sehr darauf gefreut – seine einzige Gefühlsregung in den Szenen in seiner Heimatstadt –, mit ihm ein Gespräch unter vier Augen zu führen, doch dieser lockte den »Kriegshelden« nur für eine Überraschungsparty in sein Haus. Alle rücken ihm auf die Pelle, ohne zu merken, dass er über dieses Thema nicht sprechen möchte. Manche seiner Bekannten meinen sogar, es müsse doch bestimmt ein »tolles Gefühl« gewesen sein, seine Mitpinguine aufseiten des Feindes getötet zu haben. Von den Frauen, die sich ihn vermutlich wie einen Pinguin-Rambo vorstellen, wird er umgarnt. Harte Männer sind halt sexy. Nur seine kleine Schwester Nancy erkennt, dass er seine Ruhe haben möchte. Sie ist auch die Einzige, von der er sich in Form eines kleinen Präsents verabschiedet, bevor er sich auf seine Reise macht.
In diesem Film bekommt man Einblicke in das Innere eines Mannes, der alles hinter sich lassen und seine Raison d'Être woanders finden möchte. Er klappert verschiedene Orte ab, beispielsweise ein Casino. Doch das Geld, das er dort gewinnt, lässt er einfach liegen. Man merkt, dass er kein Interesse an oberflächlichen und materialistischen Dingen hat. Wenn er einen Straßenkämpfer herausfordert, trägt er nur physisch Wunden davon – emotional zeigt er auch hier keine Regung. Seinen Seelenfrieden findet er, wenn er eine Bibliothek betritt und sich ein paar Werke seines Lieblingsautors zu Gemüte führt. Doch er hat auch zwei bestimmte Ziele, zu denen seine Reise ihn führen soll: zum Mount Jeffry, eine mit Farmen gespickte Hochebene, und zum Sunset Beach, ein einsamer, sich scheinbar bis ins Unendliche erstreckender Sandstrand.
Bis auf eine einzige Szene, die den Höhepunkt des Dramas visuell und emotional verstärkt, betreibt der Film keine Effekthascherei. Heißt: Er verzichtet auf die schlimmen Erinnerungen an den Krieg in Form von Rückblenden und man erkennt Mikes posttraumatische Belastungsstörung weder an seiner Mimik noch an seiner Gestik oder gar an körperlichen Zusammenbrüchen. Man könnte meinen, er durchquert gedankenversunken die Welt, die ihm plötzlich genauso sinnlos erscheint wie das Leben selbst. Man könnte aber auch meinen, dass er sich von allen Gedanken befreit und nur geleitet wird von seinen Instinkten, die ihn dorthin führen sollen, wo er neue Kraft schöpfen und neue Hoffnung sowie einen neuen Lebenssinn finden kann.
Was die Wunden aus dem Krieg heilen kann, ist die Kraft der Liebe, handelt es sich doch hierbei um ein Liebesdrama, wie es klassischer nicht sein kann. Dem Liebesglück mit Jill werden viele Steine in den Weg gelegt – manche davon legen sie sich selbst in den Weg. Verkompliziert wird alles dadurch, dass Jill einen Freund namens Jack hat, der mit Susan jedoch eine Geliebte hat. Von hier an ist die Erzählweise sehr geradlinig, aber nicht allzu klischeegetränkt. Jill trägt auch nicht nur das Etikett des Love Interest des Protagonisten. Ihrem Wunsch, Sängerin zu werden, räumt dieser Film genauso viel Zeit ein wie dem Thema um Mikes mentale Verfassung.
Musikalisch vorweg eine Warnung: In diesem Film wird ab und zu gesungen. Zwar nicht Musical-mäßig, aber worauf ich hinauswill, ist, dass einem der Erstauftritt von Jill noch lange Zeit in den Gehörgängen kleben bleibt. Ein ekelhafter Ohrwurm, der gerade deshalb so fies daherkommt, weil man gar nicht damit gerechnet hat – wie ein leiser, aber effektiver Furz; und vor allem, ja, ganz besonders wegen der Albernheit der gesamten Szene mit dem atonalen Gejaule der Kinder-Pinguine. Ich glaube, ich liebe diese Szene, aber man muss sie mit Vorsicht genießen. Das Lied ist wie eine Droge, weshalb man einen großen Bogen darum machen sollte. Oh, hab’s auf Youtube gefunden. Hört mal rein!
Dass »Pengiun‘s Memory« 37 Jahre nach seiner Veröffentlichung noch einen Hype erleben wird, scheint nahezu ausgeschlossen … was schade ist, denn dieser Film zeigt, dass Animes mehr sind als nur ein Konglomerat aus all den Dingen, die auf tvtropes angesammelt sind. Und wem der Film nicht gefallen sollte, der kann sich zumindest an den Pinguinen erfreuen. Diese watschelnden Frackträger muss man einfach lieben!
Jetzt geht es mit einem etwas ernsteren Ton weiter, denn – so glaubt man angesichts des Covers kaum – ist »Pengiun‘s Memory« ein Antikriegsfilm und vermittelt auch die Atmosphäre eines solchen: melancholisch bis deprimierend. Dass dieser Film so wenig Zuspruch findet, liegt vermutlich am lustigen Cover, das so aussieht, als hätte man die Figuren aus »South Park« ver-pinguinisiert. Was für eine Schande, dass dieser Film sich damit wohl selbst das Genick gebrochen hat. Bei den Tags* hat sich vermutlich jemand einen Spaß erlaubt, denn es gibt hier weder Dämonen noch Vampire. Alles in allem keine guten Grundvoraussetzungen, damit ein User, der zufällig auf diesen Film stößt, ihm auch tatsächlich eine Chance gibt.
*Fixed
Als der Film startete, dachte ich, buchstäblich im falschen Film zu sein: das donnernde Rattern von Helikoptern, ein dunkel-dreckiges Artwork und eine Atmosphäre, die ganz und gar nicht aussah nach jenem lustigen Pinguin-Film, den ich erwartet hatte. Das hat sich zwar schon beim ersten Pinguin-Auftritt als Trugschluss erwiesen, doch dann dachte ich, eine mit einer Billigkamera – Handy gab’s zu dieser Zeit noch keine – aufgenommene Version erwischt zu haben. Abwechselnd an allen Ecken und (Bildschirm)enden wird der Film von einem schwarzen oder weißen – öfters von einem schwarzen – und gar nicht so kleinen Schleier überzogen. Der Fokus des Betrachters liegt dadurch umso mehr auf der Mitte des Bildschirms; zudem verstärkt dieser Effekt, der aussieht, als sei dieser Film einem Zustand fortschreitenden Verfalls ausgesetzt worden, das Bild eines Films, der genauso unpoliert ist wie das Leben eines Soldaten, der sich im Dreck suhlt. Krieg und die negativen Auswirkungen davon sind harte Realität. Ein Hochglanzprodukt für die Massen zu erschaffen, war vermutlich auch nicht das Ziel des Produktionsteams.
Der Protagonisten-Pinguin ist Mike Davis. Die Kriegsszenen gibt es nur zu Beginn und sind relativ kurz, dafür umso eindringlicher. Als Mike nach Hause kommt, wird er wie ein Kriegsheld gefeiert. Er selbst meint jedoch, es sei »nichts Außergewöhnliches« passiert. Seine Familie ist aufdringlich und mehrere entfernt lebende Verwandte sind extra hergereist, um seinen glorreichen Geschichten zu horchen. Selbst sein guter Freund Paul verkennt die Situation komplett. Mike hat sich schon so sehr darauf gefreut – seine einzige Gefühlsregung in den Szenen in seiner Heimatstadt –, mit ihm ein Gespräch unter vier Augen zu führen, doch dieser lockte den »Kriegshelden« nur für eine Überraschungsparty in sein Haus. Alle rücken ihm auf die Pelle, ohne zu merken, dass er über dieses Thema nicht sprechen möchte. Manche seiner Bekannten meinen sogar, es müsse doch bestimmt ein »tolles Gefühl« gewesen sein, seine Mitpinguine aufseiten des Feindes getötet zu haben. Von den Frauen, die sich ihn vermutlich wie einen Pinguin-Rambo vorstellen, wird er umgarnt. Harte Männer sind halt sexy. Nur seine kleine Schwester Nancy erkennt, dass er seine Ruhe haben möchte. Sie ist auch die Einzige, von der er sich in Form eines kleinen Präsents verabschiedet, bevor er sich auf seine Reise macht.
In diesem Film bekommt man Einblicke in das Innere eines Mannes, der alles hinter sich lassen und seine Raison d'Être woanders finden möchte. Er klappert verschiedene Orte ab, beispielsweise ein Casino. Doch das Geld, das er dort gewinnt, lässt er einfach liegen. Man merkt, dass er kein Interesse an oberflächlichen und materialistischen Dingen hat. Wenn er einen Straßenkämpfer herausfordert, trägt er nur physisch Wunden davon – emotional zeigt er auch hier keine Regung. Seinen Seelenfrieden findet er, wenn er eine Bibliothek betritt und sich ein paar Werke seines Lieblingsautors zu Gemüte führt. Doch er hat auch zwei bestimmte Ziele, zu denen seine Reise ihn führen soll: zum Mount Jeffry, eine mit Farmen gespickte Hochebene, und zum Sunset Beach, ein einsamer, sich scheinbar bis ins Unendliche erstreckender Sandstrand.
Bis auf eine einzige Szene, die den Höhepunkt des Dramas visuell und emotional verstärkt, betreibt der Film keine Effekthascherei. Heißt: Er verzichtet auf die schlimmen Erinnerungen an den Krieg in Form von Rückblenden und man erkennt Mikes posttraumatische Belastungsstörung weder an seiner Mimik noch an seiner Gestik oder gar an körperlichen Zusammenbrüchen. Man könnte meinen, er durchquert gedankenversunken die Welt, die ihm plötzlich genauso sinnlos erscheint wie das Leben selbst. Man könnte aber auch meinen, dass er sich von allen Gedanken befreit und nur geleitet wird von seinen Instinkten, die ihn dorthin führen sollen, wo er neue Kraft schöpfen und neue Hoffnung sowie einen neuen Lebenssinn finden kann.
Was die Wunden aus dem Krieg heilen kann, ist die Kraft der Liebe, handelt es sich doch hierbei um ein Liebesdrama, wie es klassischer nicht sein kann. Dem Liebesglück mit Jill werden viele Steine in den Weg gelegt – manche davon legen sie sich selbst in den Weg. Verkompliziert wird alles dadurch, dass Jill einen Freund namens Jack hat, der mit Susan jedoch eine Geliebte hat. Von hier an ist die Erzählweise sehr geradlinig, aber nicht allzu klischeegetränkt. Jill trägt auch nicht nur das Etikett des Love Interest des Protagonisten. Ihrem Wunsch, Sängerin zu werden, räumt dieser Film genauso viel Zeit ein wie dem Thema um Mikes mentale Verfassung.
Musikalisch vorweg eine Warnung: In diesem Film wird ab und zu gesungen. Zwar nicht Musical-mäßig, aber worauf ich hinauswill, ist, dass einem der Erstauftritt von Jill noch lange Zeit in den Gehörgängen kleben bleibt. Ein ekelhafter Ohrwurm, der gerade deshalb so fies daherkommt, weil man gar nicht damit gerechnet hat – wie ein leiser, aber effektiver Furz; und vor allem, ja, ganz besonders wegen der Albernheit der gesamten Szene mit dem atonalen Gejaule der Kinder-Pinguine. Ich glaube, ich liebe diese Szene, aber man muss sie mit Vorsicht genießen. Das Lied ist wie eine Droge, weshalb man einen großen Bogen darum machen sollte. Oh, hab’s auf Youtube gefunden. Hört mal rein!
Dass »Pengiun‘s Memory« 37 Jahre nach seiner Veröffentlichung noch einen Hype erleben wird, scheint nahezu ausgeschlossen … was schade ist, denn dieser Film zeigt, dass Animes mehr sind als nur ein Konglomerat aus all den Dingen, die auf tvtropes angesammelt sind. Und wem der Film nicht gefallen sollte, der kann sich zumindest an den Pinguinen erfreuen. Diese watschelnden Frackträger muss man einfach lieben!
Beitrag wurde zuletzt am 17.01.2022 20:19 geändert.
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